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Yayoi KusamaWebsite der KünstlerinYayoi Kusama: Es begann mit der Halluzination...Klaus Podoll, Sebastian Waniek, Frank SchneiderZu den zahlreichen Ruhmestiteln der in diesem Jahr ihren 75. Geburtstag feiernden japanischen Künstlerin Yayoi Kusama kann man getrost den eines Wunderkindes in der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts hinzufügen. Bereits der Teenager Kusama verfügte über die grundlegenden inspirierenden Erfahrungen, die den Formenkanon ihres Werks von den ersten erhaltenen Zeichnungen der Zehnjährigen bis zum heutigen Tage bestimmten: Visionen von Punkten, Netzen, sich vervielfältigenden und auf die Welt der Objekte (einschließlich des eigenen Körpers) ausbreitenden Mustern. Ihr Werk zeigt obsessive Repetitionen, Variationen, Transformationen in verschiedene Medien: Malerei, Skulptur, Happening, Film, Literatur und Musik. Abgesehen von einer Reihe von Collagen aus dem Jahr 1975, in denen sie den Tod ihres Freundes, des amerikanischen Künstlers Joseph Cornell verarbeitete, zeigt es niemals einen Bruch mit jener Quelle ihrer Kreativität, die sich als ergiebig genug erwiesen hat, ein ganzes Lebenswerk zu speisen. Die Ausstellung "Yayoi Kusama", die vom 06.04. bis zum 16.05.2004 in der Zacheta National Gallery of Art in Warschau präsentiert wird, bietet nunmehr erstmalig in Polen die Gelegenheit, das Werk der Künstlerin in einer umfassenden Retrospektive kennenzulernen. ![]() Yayoi Kusama, Ohne Titel, Papier auf Bleistift, ca. 1939. © 2004 Yayoi Kusama Kusama hat in zahlreichen Selbstzeugnissen niemals einen Zweifel daran gelassen, dass ihre Krankheit die stärkste treibende Kraft ihrer einzigartigen Kunst darstellt. "Es begann mit der Halluzination", lautet der erste Satz ihrer autobiographischen Aufzeichnungen aus dem Jahr 1975 mit dem Titel "Der Kampf und die Wanderungen meiner Seele" (Kusama, 1975). Über die Diagnose von Kusamas Krankheit und somit die Ursache ihrer Halluzinationen herrschen allerdings bei Ärzten und Kritikern, die über Kusama geschrieben haben, sehr widersprüchliche und durch empirische Evidenz nur wenig begründete Vorstellungen. Handelt es sich um eine Schizophrenie, wie der japanische Psychiater Shiho Nishimaru 1952 in seinem Vortrag auf einem Kongreß der Japanischen Gesellschaft für Psychiatrie und Neurologie vermutete? Oder um eine Zwangsstörung, wie es von den meisten späteren Autoren und offenbar auch von Kusama (1998) selbst angenommen wird? Obschon die Künstlerin sich seit 1977 in stationärer Betreuung durch das Seiwa Hospital in Tokyo befindet, sind von Seiten ihrer behandelnden Psychiater (darunter Yoshihito Tokuda, Vorsitzender der Japanischen Gesellschaft für Psychopathologie des Ausdrucks) bislang keine Informationen bekannt geworden, welche Licht in das Dunkel der differenzialdiagnostischen Fragen zu bringen vermöchten. Kein Wunder, dass es in der Literatur selbst an Verdächtigungen nicht gefehlt hat, Kusamas "Geisteskrankheit" sei nur ein Reklametrick, nur vorgetäuscht. ![]() Yayoi Kusama, Akkumulation von Körpern, 1950. © 2004 Yayoi Kusama Mehr Klarheit kann hier nur eine sorgfältige Analyse der von der Künstlerin selbst wahrgenommenen und subtil von ihr beschriebenen Phänomene bringen. Über ihre seit der Kindheit bis heute in stereotyper Wiederkehr aufgetretenen Symptome schrieb Kusama: "Ich wurde oft geplagt durch einen dünnen seidenartigen gräulich-farbenen Schleier, der kam um mich zu umhüllen. An dem Tag, an dem mir das passierte, rückten die Leute weit von mir weg und sahen klein aus" (Kusama, 1975). Während dieser Episoden, bei denen sie geometrische Halluzinationen mit Visionen von Netzen (Original Infinity Nets 1999) und die visuelle Illusion der sogenannten Porropsie (Accumulation of Corpses 1950) erlebte, bei der Objekte in weiter Entfernung erscheinen, fühlte sie sich wie durch einen Vorhang von der Welt und den Menschen getrennt, so dass ihr von ihren Ärzten erklärt wurde, dass es sich um Depersonalisationsphänomene im Rahmen einer Zwangsstörung bei den beschriebenen Symptomen handele. Eine genaue Lektüre von Kusamas Symptomschilderungen, die sich in vielfältigen Variationen in ihren Gedichten (Kusama, 1998a), Novellen (Kusama, 1998b) und zuletzt in ihrem 2002 veröffentlichten autobiographischem Roman Infinity Nets (Kusama, 2002) wiederfinden, legt aber die Auffassung nahe, dass die Künstlerin seit ihrer Kindheit von paroxysmalen zerebralen Sehstörungen heimgesucht wurde, wie sie als visuelle Aurasymptome (The Sun 1953/63, The Night 1953) bei der Migräne auftreten können (Chandelier with Pain 2002). ![]() Yayoi Kusama und Infinity Net Gemälde, Doppelbelichtung, frühe 1960er Jahre. © 2004 Yayoi Kusama Dies gilt auch für jenes ebenfalls seit der Kindheit bei Kusama dokumentierte Symptom, welches das Modell abgab für ihre die Grenzen der Leinwand überschreitenden Installationen (Driving Image 1965/66) und Performances (Kusama's Self-Obliteration 1968). Über ihre Erfahrung als Teenager schrieb Kusama: "Eines Tages schaute ich auf eine Tischdecke mit rotem Blumenmuster auf einem Tisch, und als ich aufblickte, sah ich die Decke, die Fensterscheiben und die Pfeiler vollständig bedeckt mit den gleichen roten Blumenmustern. Nachdem der ganze Raum, mein ganzer Körper und das ganze Universum vollständig mit den Blumenmustern bedeckt waren, würde ich mich selbst auflösen... und auf Nichts reduziert werden" (Kusama, 1975). Es handelt sich um eine klare Schilderung eines erstmals von Macdonald Critchley (1951) beschriebenen Phänomens der visuellen Perseveration im Raum, der so genannten illusorischen visuellen Ausbreitung, die bei Kusama auch die Wahrnehmung ihres eigenen Körpers überwucherte und hierdurch ein Gefühl der "Self-Obliteration"zur Folge hatte, welches in Kusamas Kunst als spirituelle Erfahrung des Verlusts der eigenen Identität durch Einswerden mit den Formen des Universums zelebriert wird. ![]() Yayoi Kusama, Selbstobliteration durch Punkte (Details), Performance, dokumentiert mit S/W Fotografien von Hal Reif, 1968. © 2004 Yayoi Kusama Die diagnostische Einstufung von Kusamas inspirierender Krankheit als psychische Störung hat ihr Werk in den Kreis der so genannten "Außenseiter Kunst" (Rhodes, 2000) gerückt, wie sie aus Hans Prinzhorns (1922) klassischer Studie zur "Bildnerei der Geisteskranken" und Jean Dubuffets (1991) Konzept der "Art brut" bekannt ist. Nach unserer Auffassung liegt bei der japanischen Künstlerin jedoch keineswegs eine Psychose und ebenfalls keine schwere psychische Störung vor, die in ihren Auswirkungen einer Psychose gleichkommt. Die Auraerfahrungen der Migräne, Angst und Depression beschreiben aus unserer Sicht vollständig das von ihr selbst bezeugte symptomatologische Tableau. Kusamas gelegentlich als "Psychoanalytische Kunst", "Psychosomatische Kunst" oder "Obsessive Kunst" bezeichnete Kunst kann nach unserer Auffassung mit ebenso großer (oder ebenso fehlender) Berechtigung der "Außenseiter Kunst" zugerechnet werden, wie es für das Werk einer Reihe anderer Künstler gilt, die ihre Migräneauraerfahrungen als eine zentrale Inspirationsquelle zu nutzen verstanden: Lewis Carroll, Giorgio de Chirico, Sarah Raphael, um nur einige Beispiele von Künstlern zu nennen, deren Oeuvre in den letzten Jahren eine Neubewertung aus neuroästhetischer Perspektive erfuhr. Yayoi Kusama befindet sich mit ihrer "Außenseiter Kunst" ersichtlicherweise in guter Gesellschaft. Es besteht Grund zur Annahme, dass ihre Arbeiten zu den bleibenden Ikonen der Kunst des 20. Jahrhunderts gehören werden. Deutsche Übersetzung des Artikels Podoll K, Waniek S, Schneider F. Yayoi Kusama: Zaczelo sie halucynacja . Przew Lek 2004; 3: 106-108. © 2004 Termedia Wydawnictwo Medyczne LiteraturCritchley M. Types of visual perseveration: „Paliopsia“ and „illusory visual spread“. Brain 1951; 74: 267-299. Zurück zu: Migräne und MalereiAutor: Dr. med. Klaus Podoll
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Copyright © 2005 Migräne-Aura Stiftung (i.G.), Alle Rechte vorbehalten. Letzte Aktualisierung der Website: Juni 05, 2006 http://migraine-aura.org/DE/Yayoi_Kusama.html |